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Berlin verbietet Volkssängern Auftritt und politische Betätigung

Proteste vor dem Brandenburger Tor nach Auftrittsverbot des Landes Berlin gegen die SŠnger Shadi Alborini und Qasem Alnajjar aus PalŠstina.

Shadi Alborini und Qasem Alnajjar, zwei Volkssänger aus Palästina, sollten am Mittwoch vor dem Brandenburger Tor in Berlin während einer Kulturveranstaltung auftreten.

Wenige Minuten vor Beginn des Konzerts übergaben Polizisten dem Gesangs-Duo ein Schreiben der Ausländerbehörde des Landes Berlin mit einem achtseitigen „Verbot und Beschränkung Ihrer politischen Betätigung“. Die beiden Künstler durften die Bühne nicht betreten. Die Konzertbesucher waren entsprechend enttäuscht.


In dem Schreiben heißt es, bei Androhung von einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr sei den beiden Sängern „bis zu Ihrem Verlassen der Bundesrepublik Deutschland…jegliche Teilnahme an politischen Kundgebungen, (Solidaritäts-) Veranstaltungen, Versammlungen insbesondere Ansprachen und sonstigen Rede- und Kulturbeiträgen in Berlin untersagt…soweit diese einen Bezug zu dem Konflikt in Israel und Palästina haben und/oder sich auf Handlungen beziehen, die gegen den Staat Israel einschließlich seines Bestandes, inneren Friedens und seiner Gründungsgrundlage gerichtet sind. Die sofortige Vollziehung dieses Bescheides wird angeordnet.“

Nachdem Shadi Alborini und Qasem Alnajjar von der Veranstaltung verbannt wurden, demonstrierten Hunderte vor dem Brandenburger Tor für Gerechtigkeit und gegen die Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Ein Mann zeigte ein Plakat mit dem Logo der „Bild“-Zeitung und der Aufschrift „Jeder Palästinenser ist schuldig, bis er seine Unschuld beweist“:

Proteste vor dem Brandenburger Tor

Zur gesamten Foto-Galerie des verbotenen Konzerts hier klicken:

Auftrittsverbot für Shadi Alborini und Qasem Alnajjar

Politische Beobachter sind überrascht, wie eine lokale Ausländerbehörde innerhalb von kürzester Zeit acht Seiten zu vermeintlich rechtswidrigen Taten zweier in Deutschland völlig unbekannter Sänger aufsetzen kann. Wer half der Berliner Ausländerbehörde?

Auf Seite 5 des Betätigungsvebots heißt es über die beiden Künstler: „Die von Ihnen publizierten Lieder und Liedtexte haben…einen klar antisemitischen Inhalt. Ihren öffentlich zugänglichen Liedtexte sind als antisemitische Propaganda zu bewerten. Hiervon geht auch der hiesige Verfassungsschutz aus.“ Gemeint ist der Verfassungsschutz des Landes Berlin, dessen Einschätzung auf einem dieser Tage auch in den Medien viel zitierten Lied beruht, in dem es ins Deutsche übersetzt sinngemäß heißen soll, Tel Aviv ins Visier zu nehmen.

Dieses Lied des Duos sollte allerdings im Kontext der damaligen Situation in Gaza im Sommer 2014 betrachtet werden als die israelischen Besatzungskräfte während des Ramadans begannen, Tausende Menschen in Gaza zu töten und zu verwunden. Unter dem Eindruck dieses Genozids und der Machtasymmetrie einer hochgerüsteten Besatzungsstreitkraft gegen viel schlechter ausgerüstete und zahlenmäßig unterlegene Widerstandskämpfer ist das umstrittene Lied über Tel Aviv zu betrachten.

Das Duo hätte das Lied natürlich niemals in Berlin vor dem Brandenburger Tor gespielt. Insofern entbehrt die Begründung des Verbots, das sich auf diesen Liedtext stützt, einer berechtigten Grundlage. Wo ein Volk wie in Palästina unterdrückt wird, können im Kontext der erlebten Unterdrückung auch einmal solche Lieder entstehen. Mit dem geplanten Konzert in Berlin hatte dies nichts zu tun.

Zudem läuft der Antisemitismus-Vorwurf schon allein deshalb ins Leere als es sich bei den beiden Sängern ebenfalls um Semiten handelt, die ihre Lieder in einer semitischen Sprache (Arabisch) singen.

Das achtseitige Verbot der Ausländerbehörde bezieht sich auf mehrere Medienveröffentlichungen, die noch am Tag des geplanten Auftritts der Sänger erschienen. Diese Presseberichte enthalten falsche Tatsachenbehauptungen.

Ein Teufelskreis: Die Medien behaupten falsche Tatsachen, um ein Verbot herbei zu schreiben, und das Verbot der Ausländerbehörde bezieht sich auf die Presseberichte mit den falsche Tatsachenbehauptungen.

Zudem wurden den Teilnehmern der palästinensischen Veranstaltung vor dem Brandenburger Tor durch zahlreiche Presseberichte „Judenhass“ unterstellt, was komplett an den Haaren herbeigezogen ist. Die Veranstaltung war friedlich, die Stimmung unter den Teilnehmern ausgelassen und fröhlich. Mehrere Juden waren bei der Veranstaltung zugegen.

Zahlreiche Medien schreiben den Vornamen des Künstlernamens von Qasem Alnajjar falsch und nennen den Künstler Shadi statt Qasem Alnajjar.

Dr. Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, ist promovierter Musikwissenschafter. Der Titel seiner Doktorarbeit lautet „Musikkritik in Deutschland nach 1945.“ „Bild“ Online und „B.Z.“ Online publizierten anderthalb Stunden vor dem geplanten Konzert einen Kommentar Döpfners mit der Überschrift „Judenhass-Demo!
Hier wird eine Grenze überschritten“. Döpfner nennt die Volkssänger unzutreffend „Rapper“. Shadi Alborini und Qasem Alnajjar in das falsche Musikgenre einzuordnen, ist für einen Musikwissenschafter blamabel.

Tenor und Zeitpunkt der Publikationen des Kommentars auf „Bild“ Online und „B.Z.“ Online zielten darauf ab, ihren Auftritt zu verhindern.

Wenn der Verlagschef der „Bild“ und „B.Z.“ persönlich unzutreffende Äußerungen über die beiden Volkssänger durch seine Medien verbreitet, so darf nicht nur bezweifelt werden, daß Verlag und Redaktion bei Axel Springer strikt getrennt seien, sondern das palästinensische Künstler-Duo darf stolz auf sich sein, so einen mächtigen Zionisten zum Feinde zu haben.

 

Source: martinlejeune.de

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Martin Lejeune

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Martin Lejeune is a freelance journalist, correspondent, political analyst and photographer based in Berlin, Germany

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